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Die dunklen Ecken in der EU-Kommission

Anfang Januar 2009 hat Ursula von der Leyen stolz verkündet, die Provider würden sie unterstützen bei ihrem Kampf gegen strafbare Inhalte im Netz. Nach mehr als einem Jahr intensiver Debatte steht das Zugangserschwerungsgesetz kurz vor der Aufhebung. Fast parteiübergreifend hat sich die Erkenntnis durchgesetzt: ein virtuelles STOPP-Schild im Internet bewirkt nichts im Kampf gegen Kinderpornographie. Heute wurde bekannt, dass die EU-Kommission einen eigenen Vorstoß lanciert hat, Netzsperren über die EU verbindlich vorzuschreiben. Die FAZ bringt dazu einen Beitrag  der zuständigen EU-Kommissarin Cecilia Malmström unter der Überschrift: „Dunkle Ecken des Internets aufräumen„. Man fragt sich unwillkürlich, in welcher dunklen Ecke der EU-Kommission dieser Vorschlag ausgebrütet wurde. Aber eines ist klar: das Licht der besseren Erkenntnis wird man scheinbar auch dorthin noch tragen müssen. Der Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur hat dazu einen ersten Beitrag geleistet: „Internet-Sperren sind Unfug im Kampf gegen Kindesmissbrauch„.

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Showdown um das Zugangserschwerungsgesetz

Das BKA kämpft weiter um das Zugangserschwerungsgesetz. Gestern hat das BKA über DPA eine Pressemitteilung lancieren lassen. Tenor: „Löschen ist ja so schwer…“  Heute fand eine Anhörung der CDU-Fraktion im Deutschen Bundestag statt, in der sich erneut das BKA zu Wort meldete. Offensichtlich spitzt sich der Kampf um die Aufhebung des Zugangserschwerungsgesetzes zu. Die offene Frage ist, wer bei diesem Showdown der „Last Man Standing“ sein wird. Was mir jedoch aufgefallen ist: das BKA ist nicht wirklich hilfreich für diejenigen in der Union, die weiter auf das Zugangserschwerungsgesetz setzen. Warum:

  • Die Pressemitteilung des BKA scheint kaum Resonanz gefunden zu haben. Ohne begleitende Unterstützung ist (mit Ausnahme der ZEIT) scheinbar kein reputierliches Medium bereit, die Aussagen des BKA zu verbreiten.
  • Das wiederum könnte damit zusammen hängen, dass das Argument in der PM des BKA, weshalb „Löschen“ nicht funktioniert, keineswegs für „Sperren“ spricht. Die Bilder würden (angeblich) nach dem Löschen anschließend „an anderer Stelle in leicht abgeänderter oder auch identischer Form wieder auftauchen“. Weshalb aber „gesperrte“ Inhalte nicht andernorts genauso schnell auch wieder auftauchen sollten, kann das BKA natürlich nicht erklären.
  • Und was das BKA verschweigt: Wenn man nicht möchte, dass jemand dauernd und erneut strafbare Inhalte veröffentlicht, dann ist die richtige Lösung weder „Löschen“ noch „Sperren“, sondern schlicht die Strafverfolgung, also das Einsperren derjenigen, die strafbare Inhalte verbreiten. Dafür ist, was die internationale Zusammenarbeit betrifft, das BKA zuständig.

Die Pressemitteilung offenbart also eine gewisse Hilfslosigkeit in der Erfüllung der eigenen Aufgaben. Das ist keine starke Unterstützung für das Zugangserschwerungsgesetz. Hat sich das BKA auf der Anhörung der CDU am heutigen Tage als hilfreicher erwiesen? Ich denke nicht:

  • Das BKA hat Zahlen mitgeteilt, wie häufig kinderpornographische Inhalte ans Ausland gemeldet wurden, in welches Land, mit welchem Ergebnis und mit welcher Reaktionszeit – für die Monate Januar und Februar 2010. Ich schliesse daraus, dass dem BKA aus den Jahren davor, also vor 2010, keinerlei Zahlen (!) darüber vorliegen, wie häufig kinderpornographische Inhalte in das Ausland gemeldet wurden, in welches Land, mit welchem Ergebnis und mit welcher Reaktionszeit.
  • Immerhin: man kann aus den Zahlen des BKA erkennen, dass 50% der insgesamt erfolgten Meldungen Seiten betreffen, die in den USA gehostet werden. Erstaunlich, dass es hier nicht zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit kommt.
  • Und letztlich noch dies: Das BKA behauptet erneut, es sei ihm untersagt, an ausländische Provider mit der Information heranzutreten, dass dort strafbare Inhalte gehostet würden. Dabei hat der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages diese Aussage bereits wiederlegt.

Fazit: Nach einem Jahr intensiver Debatten bringt das BKA kein neues Argument und wiederholt nur seit langem wiederlegte Argumente. Die Union wird den Showdown allein durchstehen müssen.

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Recht

Koalition der Vernunft – Mit der CDU?

Der Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur hat gestern einen Appell an die Bundestagsabgeordneten der CDU/CSU veröffentlicht. Die Kernpassage des Briefes an die Abgeordneten lautet:

„Daher wenden wir uns heute mit der Bitte an Sie, den Ankündigungen zur Aufhebung des Zugangserschwerungsgesetzes schnell Taten folgen zu lassen. Wir sind uns mit Ihnen einig, dass sexueller Missbrauch mit das Schlimmste ist, was einem Kind angetan werden kann. Gerade bei einem solch emotionalen Thema ist es aber wichtig, wirksame und verhältnismäßige Maßnahmen zu ergreifen. Die im Zugangserschwerungsgesetz geplanten „Internet-Sperren“ helfen nicht, das Ziel zu erreichen, sie sind sogar kontraproduktiv. Sie beenden nicht das Zurschaustellen der Opfer, sie warnen die Täter vor, lassen sie unbehelligt und sind deshalb zwecklos. (…) Missbrauchsdarstellungen müssen schnell aus dem Netz entfernt und die Täter zügig ermittelt werden. Das gemeinsame Ziel sollte daher jetzt sein, das Zugangserschwerungsgesetz aufzuheben.“

Dieser Aufruf des AK Zensur schließt an die Aufforderung von Franziska Heine im Petitionsauschuss des Deutschen Bundestags an:

„Wir brauchen eine überparteiliche Koalition der rechtsstaatlichen Vernunft, die gemeinsam ein Aufhebungsgesetz für das Netzsperrengesetz in den Bundestag einbringt.“

Auch der AK Zensur hat seinerzeit bereits gefordert, dass sich die Bundestagsabgeordneten auf ein parteiübergreifendes Aufhebungsgesetz zum ZugangsErschwG einigen sollten.

Ob sich nun auf den Appell des AK Zensur hin die CDU/CSU Fraktion einer solchen „überparteiliche Koalition der rechtsstaatlichen Vernunft“ anschliessen wird, erscheint mehr als fraglich. Es gibt scheinbar viele echte Überzeugungstäter und zuviele uninformierte Abgeordnete in den Reihen der CDU/CSU. So droht der Union die schlichte bürgerliche Tugend der Berücksichtigung des Sachangemessenen, des wirklich Geeigneten beim Zugangserschwerungsgesetz abhanden zu kommen.

Die propagierte „Koalition der Vernunft“ – sie wird wohl nicht mit der Union stattfinden.

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Medien

Neue Windungen beim Leistungsschutzrecht

Am gestrigen Tage fand die Jahresauftaktveranstaltung des Kölner Forums Medienrecht mit dem Titel „Digital und ohne Recht? – Umbruch in der Verlagsbranche“ statt. Einen Schwerpunkt der Veranstaltung bildete selbstverständlich die Debatte um das Leistungsschutzrecht für Verleger. Heise und auch Carta berichteten bereits. Thomas Knüwer hat auf Indiskretion Ehrensache erwidert. Interessant war insbesondere, was Christoph Keese von Axel Springer zum Stand der Debatte um das Leistungsschutzrecht  zu berichten hatte. Ich fasse dies hier mit eigenen Worten und mit Anmerkungen zusammen:

  • Der Axel Springer AG geht es wirtschaftlich gut – und zwar auch bei den Internetaktivitäten. Die hauseigene Welt berichtet: „Tatsächlich hat Axel Springer im vergangenen Jahr bereits 30 Prozent seiner Werbeerlöse auf digitalen Plattformen erzielt(…). Insgesamt legte der Umsatz der Internetaktivitäten um 24,4 Prozent zu; das Ebitda in diesem Bereich hat sich von 20,9 Mio. auf 43,2 Mio Euro mehr als verdoppelt. Die Sparte hatte 2009 einen Anteil von 21 Prozent an den Gesamterlösen.“

Der Axel Springer Verlag braucht also kein Leistungsschutzrecht um ein notleidendes Geschäft (sei es Print oder Online) zu stützen. Im Gegenteil wird man sich fragen müssen, ob die veranschlagten 500 Mio. €, die das Leistungsschutzrecht einspielen soll, nicht nur dazu dienen wird, die Umsatzrendite von Medienhäusern zu verbessern, die auf zusätzliche Einnahmen überhaupt nicht angewiesen sind.

  • Die Gewinne der Axel Springer AG resultieren jedoch nicht aus dem Online-Journalismus; dieser Bereich sei defizitär.

Richtig ist, dass auch im Print-Bereich die Produktion von Inhalten Geld kostet und die Refinanzierung der Content-Produktion (oder etwas böser: die Subvention) jedenfalls ganz überwiegend aus dem Anzeigengeschäft erfolgt. Im Anzeigengeschäft verdient aber Axel Springer auch Online gutes Geld. Und zwar mehr Geld als die Content-Produktion für Onlineinhalte kostet (s.o.).

  • Ein Zeitungssterben steht in Deutschland nicht bevor.

Natürlich wurde in düsteren Farben vom Aussterben der (Lokal-) Zeitungen in den USA berichtet. Und natürlich droht dann der Untergang der Demokratie und des Abendlandes. Aber eben in den USA und nicht in Deutschland. Ein Leistungsschutzrecht wird zur akuten Rettung der Zeitungsverleger und zur Bewahrung einer freien Presse  in Deutschland nicht benötigt.

  • Das Leistungsschutzrecht zielt auf die „gewerbliche Nutzung“ der Erzeugnisse der Verleger. Es gäbe über 20 Mio. gewerblich genutzte PCs in Deutschland.

Inwiefern gewerblich genutzte PCs in Deutschland gleichzeitig auch Presseerzeugnisse der Verleger gewerblich nutzen ist eine offene Frage. Letztendlich ist hier wohl eine Leistungsschutzrechtsabgabe auf Büro-PCs gemeint.

  • Worauf sich der Schutz des Leistungsschutzrechts beziehen solle, sei in der Tat unklar.

Das ist an der Debatte wirklich erstaunlich: Die Verleger selbst wissen nicht, was Schutzgegenstand des Leistungsschutzrechts sein soll. Der Text selbst ist ja bereits urheberrechtlich geschützt. Eine Ausdehnung des Leistungsschutzrechts auf den Text würde auch sofort einen Konflikt mit den Urhebern/Journalisten bedeuten. Ein Schutz auf die Typographie und das Layout würde den Verlegern nicht helfen. Die Frage blieb also vollständig offen.

  • Verlinkung solle uneingeschränkt zulässig bleiben, Snippets allerdings solle das Leistungsschutzrecht erfassen.

Es soll also weiterhin erlaubt sein zu verlinken, aber eben verboten werden, mit Textauszügen zu sagen, worauf verlinkt wird (?). Wie dies mit dem Zitatrecht und der Tatsache, dass sich das Leistungsschutzrecht nicht auf den Text beziehen soll, in Übereinstimmung zu bringen ist, ist nicht zu erkennen.

  • Ein Leistungsschutzrecht werde eigentlich gar nicht benötigt, um eine Verwertungssgesellschaft der Presseverleger zu gründen, die dann für die gewerbliche Nutzung Lizenzverträge abschließen soll.

Natürlich könnten die Verleger bereits jetzt ihre vom Urheber/Journalisten abgeleiteten Nutzungsrechte in eine Verwertungsgesellschaft einbringen. Aber inwiefern dies eine solche Online-GEMA/Online-GEZ der Verleger berechtigen sollte, eine Lizenzabgabe auf Büro-PCs einzufordern, bleibt das dunkle Geheimnis der Verleger.

Fazit: Die Veranstaltung hat einige Fragen beantwortet und mindestens in gleicher Anzahl neue Fragen aufgeworfen. Mit Ausnahme der Tatsache, dass die Verleger zusätzliche Einnahmen aus einem Leistungsschutzrecht ziehen wollen und dies mit ihrem „geistigen Eigentum“ begründen, ist in der Debatte so ziemlich alles unklar. Keine dankbare Aufgabe für das von der FDP geführte Justizministerium, das offensichtlich im Lead ist hier einen Gesetzentwurf zu erstellen.

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Netzpolitik

Transparenz bei ACTA: Stakeholder Meeting

Nachdem die EU in Sachen Transparenz bei ACTA ein Wendung vollzogen hat,scheint es erste Konsequenzen der neuen Offenheit zu geben. Die EU-Generaldirektion für Handel richtet jetzt am 22.03.2010 ein sogenanntes Stakeholder Meeting aus. Der interessierten Öffentlichkeit soll Gelegenheit gegeben werden, sich über den Verhandlungsstand zu informieren und Erwartungen und Bedenken mitzuteilen.

Hier die Details:

Datum: Montag 22 März 2010
Uhrzeit: 10.00 – 12.30
Veranstaltungsort: Charlemagne-Gebäude, Tagungsraum Alcide de Gaspieri – Rue de la Loi, 170 B-1049 Brüssel

Aus Sicherheitsgründen ist eine Anmeldung bis zum 15. März 2010 erforderlich. Die Anmeldung mit Angabe des Namens und der vertretenen Organisation ist zu richten an: TRADE-ACTA-MEETING@ec.europa.eu

Wegen beschränkter Kapazitäten des Tagungsraums richtet sich die Teilnahme nach dem Prinzip „first-come, first serve“. Es besteht die Möglichkeit schriftlich Stellung zu nehmen bis zum 22. März 2010: TRADE-ACTA-MEETING@ec.europa.eu

PRAKTISCHE DETAILS

Date : Monday 22nd March 2010 Datum: Montag 22 März 2010
Time : 10.00 – 12:30 Uhrzeit: 10.00 – 12.30
Location : Charlemagne Building, Room Alcide de Gaspieri – Rue de la Loi, 170 B-1049 Brussels Veranstaltungsort: Charlemagne-Gebäude, Saal Alcide de Gaspieri – Rue de la Loi, 170 B-1049 Brüssel

To register (pre-registration is required for security reasons) Zur Anmeldung (Vor-Registrierung ist aus Sicherheitsgründen erforderlich)

– Please send an email with your name and the name of the represented organisation to TRADE-ACTA-MEETING@ec.europa.eu – Bitte senden Sie eine E-Mail mit Ihrem Namen und den Namen der Organisation vertreten zu TRADE-ACTA-MEETING@ec.europa.eu
– Due to the room capacity (approx. 350), participation will be on a first-come, first-serve basis. – Aufgrund der Zimmer Kapazität (ca. 350), wird die Teilnahme auf einer „first-come, first serve“ arbeiten. Presence of more than one person per participating organisation will also be conditioned to the total number of participants. Anwesenheit von mehr als einer Person pro teilnehmender Organisation wird auch auf die Gesamtzahl der Teilnehmer abhängig gemacht werden.
– Closing date for registration: 15 March 2010 – Anmeldeschluss: 15. März 2010
– Please note: Admission is free. – Bitte beachten Sie: Der Eintritt ist frei. However, the European Commission is not able to cover travel or subsistence expenses for attendance at this meeting. Allerdings ist die Europäische Kommission nicht in der Lage, Reise-oder Aufenthaltskosten für die Teilnahme an dieser Sitzung zu decken.
– Those unable to participate in the meeting and/or wishing to present their positions in writing may send their comments to TRADE-ACTA-MEETING@ec.europa.eu , no later than 22 March 2010. – Wer nicht an der Sitzung teilzunehmen und / oder wollen, um ihre Positionen schriftlich vorlegen können ihre Kommentare TRADE-ACTA-MEETING@ec.europa.eu senden, spätestens am 22. März 2010.